Ja, so gehts uns grad wieder. Und warum? Weil man einen Bauernhof nicht als Kleinfamilie führen kann! Ich muss das immer und immer wieder betonen, und irgendwann werde ich einen Ratgeber für Stadtfluchtwillige schreiben, darüber, worauf sie sich gefasst machen sollten. Das heißt, es geht schon, aber dann müsste man davon leben können und in der rein bäuerlichen Tätigkeit seine ganze Erfüllung finden, 365 Tage im Jahr. Ich kann mich jetzt zum Beispiel entscheiden, ob ich den Wein schneide oder mich mit der Frage beschäftige, warum kleinbäuerliche Betriebe – und auch sonst alle – das neue Tierschutzvolksbegehren in der derzeitigen Fassung nicht unterschreiben sollten. Ich kann also entweder süße Trauben ernten oder mir Zeit für Politisches nehmen. Aber ich will doch beides, Brot und Rosen! Und Menschen, die dauerhaft hier mit uns leben. Und eine Hofwärts Solidargemeinschaft, ernähren kann dieses Stück Land nämlich mehr Menschen als uns.
Habt ihr denn zur Zeit keine Hilfe gegen Kost und Logis, fragen sich jetzt vielleicht manche der Lesenden. Doch, immer wieder, für ein paar Tage oder mal eine Woche, aber grade keine langfristigen Aufenthalte. Und von Hand melken zum Beispiel lernt man nun mal nicht nach ein, zwei Tagen. Besonders herausfordernd wird es, wenn der Kogler und die Nachwuchsbäurin auf dem Weg in den Kindergarten noch auf einen Abschiedskuss vorbeikommen und einen beim Verlassen des Stalls einsperren. Macht der Gewohnheit, sagt der Kogler entschuldigend am Telefon, aus dem Stall rausgehen, Tür verschließen. Würd ich auch behaupten. Nach getaner Melkarbeit komme ich also nicht wieder raus, zum Glück gibt es einen Hinterausgang über den Misthaufen. Dazu muss man durch den Melkstand kriechen, an sich schon nicht ganz einfach, und ein Babybauch erleichtert die Sache nicht gerade.
Als ich dann fluchend über den Kogler den Misthaufen runterstapfe, höre ich aus dem anderen Stall das hohe Stimmchen eines neugeborenen Lamms und dieses großartige Mutterschafgeräusch, von dem ich gar nicht genug kriegen kann: ein sanftes, tiefes, leises Brummen. Hier bin ich, alles gut. Als ich nachsehen gehe, stupst Fortuna das eine ihre beiden noch nassen Kleinen grad mit der Nase Richtung Euter, und ich bin vollends im siebten Hofhimmel. Die Sonne scheint, vor dem Haus blühen die Narzissen in verschiedenen Gelbtönen, ich mache mir einen Tee und setze mich zum Schreiben dieser Zeilen auf die Terasse.
Jetzt recherchiere ich weiter, denn müde hin oder her, solange nicht alle verstanden haben, dass kleinbäuerliche Strukturen die notwendige – wenn auch nicht hinreichende – Voraussetzung für ressourcenschonende, regionale, solidarische, tierschützende und resiliente Nahrungsmittelversorgung sind, gibt es noch viel zu tun.