Als wir frisch gefangen anfingen mit der Tierhaltung, gaben wir sofort allen Tieren Namen. Wir dachten uns nicht viel dabei, spürten aber schon ein etwas seltsames Gefühl, als Pünktchen, Händehoch, Zora, Mara, Geist, Asterix und Lori zum Schlachter gingen. Und Ronald, unser ältester und erster, war auch nicht ohne.
Ein Name stellt Nähe her. Man befasst sich mit dem Tier, und damit der Name etwas bringt, muss man das Tier auch erkennen. Man schaut es genauer an, prägt sich seine markanten Eigenschaften ein, verbringt mehr Zeit damit, und sieht es ganz allgemein als ein individuelles Lebewesen.
Es dann zu töten beziehungsweise töten zu lassen ist natürlich etwas anderes als bei einer anonymen (Ohrmarken-)Nummer. Deswegen haben wir von etwas erfahreneren Selbstversorger(innen) den Tipp bekommen, nur die Tiere zu benamsen, die am Hof bleiben, also die Muttertiere und den Zuchtwidder. Wir haben den Tipp hin und her gewälzt, und uns dann dagegen entschieden.
Jedes Lamm hat einen Namen. Ganz im Gegenteil, wir haben sogar eher eine Bremse eingezogen, bei der Anzahl an Schafen, damit wir weiterhin eine Chance haben, sie alle zu kennen. Das schränkt ein, und macht das Schlachten nicht einfacher, aber irgendwie erscheint es uns richtig. Es ist Teil des Zusammenlebens von Mensch und Schaf, auf unserem Hof, es hindert uns daran, die Tiere als „Rohstoff“ für die „Ware Fleisch“ zu sehen, sondern sie als individuelle Tiere wahrzunehmen. Es ist auch eine Erinnerung an uns selbst.
Bei den Hühnern halten wir es übrigens anders. Das hat vor allem (un)praktische Gründe. Hühnergenerationen gehen noch schneller und zahlreicher vonstatten als Schafsgenerationen. Bei Kücken kann man kaum Weibchen von Männchen unterscheiden (und wir wollen den Glucken auch gar nicht so nahe rücken), dass wir keine Chance haben, sie individuell zu erfassen. Die Hühner dürfen (derzeit notgedrungen) halbwild auf dem Hof herumstravanzen und wenn ihre Zeit gekommen ist, verlassen wir uns einfach drauf, dass sie’s bei uns gut gehabt haben werden.